Aus und vorbei – vom Für und Wider vertraglicher Ausschlussfristen

Ausschlussfristen dienen der zügigen Abwicklung von Verträgen und der Vermeidung von ausstehenden (unbekannten) Ansprüchen. Während Ausschlussfristen in der arbeitsrechtlichen Praxis nach wie vor zum Kernbestand von Tarif- und Arbeitsverträgen gehören, führen sie im Übrigen ein Schattendasein. Zu Recht?

Neben der gesetzlichen Verjährung von Ansprüchen haben sog. Ausschluss- bzw. Verfallsklauseln vor allem im Bereich des Arbeitsrechts große Bedeutung als Einwendungen der Vertragsparteien gegen einen Anspruch aus dem betreffenden Rechtsverhältnis.

Ebenso wie die gesetzliche Verjährung führen Ausschlussfristen zu einer Beschränkung der Haftung des Schuldners, indem sie dessen Einstandspflicht zeitlich begrenzen.

Die Verjährung tritt durch Ablauf der Verjährungsfrist ein und lässt den Fortbestand eines Anspruches unberührt. Sie gewährt dem Schuldner (im Regelfall) lediglich ein Leistungsverweigerungsrecht, das einredeweise geltend gemacht werden muss (vgl. § 214 Abs. 1 BGB). Nach Eintritt der Verjährung kann der (an sich verjährte) Anspruch nach wie vor im Wege der Aufrechnung oder durch Ausübung des Zurückbehaltungsrechts durchgesetzt werden (vgl. § 215 BGB).

Demgegenüber bringen Ausschlussfristen das Recht bzw. den Anspruch – in der Regel bereits vor Eintritt der Verjährung – zum Erlöschen (so bereits RG, Urteil vom 17.03.1930 – VIII 502/29 – RGZ 128, 46-50).

Die gesetzliche Verjährung wie auch die Vereinbarung von Ausschlussfristen dienen einer zügigen Abwicklung von Verträgen und der Vermeidung von ausstehenden (unbekannten) Ansprüchen und beruhen letztlich auf den Gedanken des Schuldnerschutzes, des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit.

In der arbeitsrechtlichen Praxis kommt Ausschlussfristen eine große Bedeutung zu: Sie finden sich in den meisten Tarifverträgen, häufig aber auch in Betriebsvereinbarungen und Individualarbeitsverträgen.

Über den Bereich des Arbeitsrechts hinaus führen Ausschluss- bzw. Verfallsklauseln dagegen eher ein Schattendasein. Dabei besteht vielfach auch in sonstigen Rechts- und Vertragsverhältnissen – gerade bei einer längeren Laufzeit – das Bedürfnis, für eine alsbaldige Klärung etwaiger Ansprüche zu sorgen und frühzeitig Rechtssicherheit zu schaffen.

Ausschluss- bzw. Verfallsklauseln, die noch vor Eintritt der gesetzlichen Verjährung zum Erlöschen eines Anspruches führen und in diesem Sinne „verjährungserleichternd“ wirken sollen, sind grundsätzlich zulässig. Ihre Zulässigkeit ergibt sich aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit und mittelbar aus § 202 Abs. 1 BGB: § 202 Abs. 1 BGB verbietet lediglich eine Erleichterung, also insbesondere eine Verkürzung der Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes.

Allerdings gilt es bei der Vereinbarung von Ausschluss- bzw. Verfallsklauseln vor allem in Formularverträgen, also mittels Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB), insbesondere folgende Restriktionen zu beachten.

Anerkennenswertes Interesse an einer Beschränkung der Verjährungsfrist

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes ist Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Abkürzung der Verjährungsfrist, dass anerkennenswerte Interessen zumindest einer der Vertragsparteien eine angemessene Beschränkung der Verjährungsfrist rechtfertigen (vgl. BGH, Urteil vom 10.05.1990 - I ZR 175/88).

Dabei ist das anerkennenswerte Interesse an einer Beschränkung der Verjährungsfrist nicht nur für das "Ob" der Abkürzung, sondern – neben der Vorgabe, dass der Gläubiger eine faire Chance haben muss, seine Ansprüche durchzusetzen (vgl. BAG, Urteil vom 25.05.2005 – Az. 5 AZR 572/04) – auch für den Umfang der Abkürzung der Verjährungsfrist bzw. die Dauer der Ausschlussfrist maßgeblich.

Ein anerkennenswertes Interesse an einer Abkürzung der Verjährungsfrist bzw. für eine entsprechende Ausschlussfrist können beispielsweise durch Zeitablauf bedingte Beweisschwierigkeiten begründen.

Dauer der Ausschlussfrist / Verkürzung der gesetzlichen Verjährungsfrist

Zu der Frage, wie kurz eine Ausschlussfrist sein darf bzw. wie lange eine Ausschlussfrist sein muss, ist keine einheitliche Rechtsprechung ersichtlich.

Maßgeblich für die Bemessung der Ausschlussfrist sind die Umstände des Einzelfalles, insbesondere die Art der von der Ausschlussfrist betroffenen Ansprüche (Primär- und/oder Sekundär- bzw. Schadensersatzansprüche), das sachlich begründete Interesse an einer raschen Abwicklung und nicht zuletzt – als Orientierungsmaßstab und gesetzliches Leitbild – die Länge der jeweiligen gesetzlichen Verjährungsfrist, die verkürzt werden soll.

Verbotsgesetz des § 202 Abs. 1 BGB: Keine Begrenzung bei Haftung wegen Vorsatzes

Nach § 202 Abs. 1 BGB kann die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. Das Verbotsgesetz des § 202 Abs. 1 BGB erfasst nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht nur Vereinbarungen über die Verjährung, sondern auch über Ausschlussfristen (vgl. BAG, Urteil vom 24.09.2019 – 9 AZR 273/18).

Weitere gesetzliche Vorschriften

Da jede Verjährungserleichterung gleichzeitig eine Haftungsbegrenzung bewirkt, sind bei der formularvertraglichen Vereinbarung von Ausschluss- bzw. Verfallsklauseln auch die für Haftungsbegrenzungen geltenden gesetzlichen Vorgaben zu berücksichtigen, so beispielsweise die Klauselverbote nach § 309 Nr. 7 BGB (Haftungsausschluss bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und bei grobem Verschulden) und nach § 309 Nr.8 BGB (Sonstige Haftungsausschlüsse bei Pflichtverletzung).

Symmetrische / beiderseitige Verjährungsfristverkürzung

In Formularverträgen bzw. Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) kann es erforderlich sein, Ausschlussfristen beiderseitig, also für beide Vertragsparteien geltend auszugestalten.

So fordert die Rechtsprechung für eine rechtswirksame Verkürzung der Verjährungsfrist in einem Handelsvertretervertrag, neben dem Bestehen eines anerkennenswerten Interesses, auch die Wahrung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Handelsvertreter und Unternehmer (so z. B. BGH, Urteil vom 10.05.1990 - Az. I ZR 175/88; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.06.2009 - Az. 16 W 8/09).

Transparenz

Bei der Vereinbarung von Ausschluss- bzw. Verfallsklauseln in Formularverträgen bzw. Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ist nicht zuletzt das Gebot der verständlichen, klaren und übersichtlichen Gestaltung von AGB zu beachten (vgl. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB). Dabei gilt diese Vorgabe, den Vertragspartner des Klausel-Verwenders vor unklaren oder schwer durchschaubaren Regelungen zu schützen, sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht. Formularvertraglich vereinbarte Ausschluss- bzw. Verfallsklauseln müssen ihre Wirkungsweise und die sich aus ihnen ergebenden Konsequenzen inhaltlich so klar wie möglich formulieren und auch unter formalen Gesichtspunkten durchschaubar darstellen.

Fazit:

Die Verkürzung der gesetzlichen Verjährung durch eine (formular-) vertragliche Ausschlussfrist kann sich in der Praxis – auch über den Bereich des Arbeitsrechts hinaus – durchaus als taugliches Mittel für eine zeitliche Begrenzung der Haftung erweisen.

Dies vor allem deshalb, weil die Ausschlussfrist – anders als die gesetzliche Verjährung – zum endgültigen Erlöschen von Ansprüchen führt.

Um sich allerdings im Bedarfsfall auf den Ausschluss der Haftung berufen zu können, muss die zugrundeliegende Ausschluss- bzw. Verfallsklausel wirksam vereinbart sein. Wie vorstehend aufgezeigt sind hierbei einige rechtliche Vorgaben und die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen.

 

Werner Stirnweiß 
Rechtsanwalt

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